Asylsuchende e.a. fotografieren in dem ihnen zugewiesenen Aufenthaltsbereich
Belzig und Potsdam-Mittelmark
Ausstellung 5.7. - 11.10.09
Asylsuchende leben manchmal über 10 Jahre in ungesicherten
Verhältnissen unter Bedingungen in Deutschland, die sich kaum
ein Außenstehender klar macht. Das folgende Glossar von Rose
Dittfurth gibt einen ersten Einblick.
Der rechtliche Status der Workshopteilnehmer ist unterschiedlich,
die meisten von ihnen leben im Übergangswohnheim Belzig.
Meist ist die Situation von jahrelangem Warten und Kämpfen,
materiellem und psychischem Druck bei verschwindend geringen Erfolgsaussichten
bestimmt. So entsteht bei vielen ein Lebensabschnitt, den sie vermutlich
am liebsten aus ihren Leben streichen würden.
Der Workshop betrifft die visuelle Auseinandersetzung mit dem Schwebezustand.
People
seeking for asylum visually research their assigned living space
Belzig and Potsdam Mittelmark (close to Berlin, but excluding it)
People applying for asylum in Germany sometimes life for over 10 years
in a precarious situation, which hardly anyone from outside realises.
Germany is unique in Europe with defining their residential area to a
city and it's environment, which they are not allowed to leave without
permission, not even for a couple of hours. They are usually not
permitted to work and welfare is 30 % less than for Germans or people
with a permanent residence permit. In most of the areas instead of money
they receive vouchers instead of cash.
The legal status of the workshop participants is differing, most of them
live in the asylum seekers home in Belzig. Waiting and fighting for
years, material and psychique pressure combined with extremely low
prospects of success usually describe their situation.
It builds a period of life which is supposed to be cut out of their lifes.
The workshop aims to visually approach this period of time and this
living space.
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Rose Dittfurth Glossar
Asylsuchende / Asylbewerber/innen Asylsuchende oder Asylbewerber/innen
werden Menschen genannt, die sich im Asylverfahren befinden.
Im ersten Jahr ihres Aufenthalts ist das Arbeiten verboten, danach
stark eingeschränkt. Die staatlichen Sozialleistungen sind rund
30% niedriger als für Deutsche.
Sozialleistungen dienen ausschließlich der Deckung des Lebensunterhaltes,
sprich Essen, Trinken, Pflegeartikel. Rechtsanwaltskosten müssen
selbst "erwirtschaftet" werden, in der Regel durch gemeinnützige
Tätigkeiten, die sie in einem bestimmten Stundenlimit ausüben dürfen,
denn Erwerbstätigkeit ist im ersten Jahr nicht möglich. Danach perspektivisch
auch nur mit einer Arbeitserlaubnis. Diese "Hürde", die bei der
Ausländerbehörde in Verbindung mit der ARGE liegt, ist kaum zu nehmen
und wenn dann nur im Niedrigstlohnbereich.
Asylsuchende müssen in den ihnen zugewiesenen Unterkünften wohnen.
Ihren Aufenthaltsort dürfen sie nicht ohne besondere Erlaubnis
verlassen.
Asylverfahrensgesetz Im Asylverfahrensgesetz sind die wichtigsten
Bestimmungen zum Umgang mit Asylsuchenden geregelt. Dazu zählt zum
Beispiel die Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer, ihre
Unterbringung, die Asylantragstellung, Ablauf und genaue Regeln
des Asylverfahrens.
Aufenthaltsgestattung Aufenthaltsgestattung heißt das Papier,
das ein Flüchtling erhält, solange das Asylverfahren läuft. Damit
ist der Flüchtling "legal" in Deutschland, unterliegt aber vielen
Einschränkungen.
Asylbewerberleistungsgesetz Im Asylbewerberleistungsgesetz
(AsylblG) wird unter anderem geregelt, dass Asylsuchende, Geduldete
und teils auch Menschen mit Aufenthaltserlaubnis geringere Sozialleistungen
erhalten als üblich. Statt Geld sollen sie Gutscheine, Lebensmittel-
oder Hygienepakete bekommen. Die Leistungen können weiter bis auf
das "zum Lebensunterhalt Unerlässliche" gekürzt werden. Erklärtes
Ziel des Gesetzes ist die "Abschreckung". Aufgrund der diskriminierenden
Auswirkungen fordern Menschenrechtsorganisationen seit Jahren die
Abschaffung des Gesetzes.
Duldung Die Duldung ist eine Bescheinigung darüber, dass
die Abschiebung vorerst nicht vollzogen wird. Eine Duldung erhält,
wer Deutschland verlassen muss, aber (noch) nicht abgeschoben werden
kann, z.B. weil kein Pass vorliegt, wegen einer Erkrankung oder
weil es keinen Weg gibt, eine Kriegsregion anzufliegen. In Deutschland
leben rund 200.000 geduldete Menschen, die meisten schon seit vielen
Jahren. Für sie fordert PRO ASYL gemeinsam mit einem breiten Bündnis
von Kirchen, Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen, Rechtsanwalts-
und Jurist/innenvereinigungen eine Bleiberechtsregelung.
Residenzpflicht Als Residenzpflicht bezeichnet man die Verpflichtung
von Asylsuchenden und Geduldeten, ihren Wohnsitz in der Stadt bzw.
dem Landkreis, manchmal dem Bundesland, zu nehmen, in dem die für
sie zuständige Ausländerbehörde ist. Wollen sie diesen Bereich verlassen,
zum Beispiel um Verwandte zu besuchen, müssen sie zuvor eine schriftliche
Erlaubnis erbitten. Der Verstoß gegen die Residenzpflicht wird mit
einem Bußgeld bestraft, im Wiederholungsfall droht ein Strafverfahren.
Flüchtlingsorganisationen fordern seit langem die Abschaffung der
Residenzpflicht.
Abschiebungshindernis Ein Abschiebungshindernis liegt vor,
wenn die Abschiebung nicht stattfindet, weil wichtige Gründe dagegen
sprechen. Von einem "zielstaatsbezogenen" Abschiebungshindernis
spricht man, wenn die Asylbehörde feststellt, dass einem Flüchtling
bei Rückkehr z.B. Folter oder andere ernste Gefahren drohen. Sie
erhalten in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis. Kann eine Abschiebung
aus anderen Gründen nicht stattfinden - zum Beispiel bei Reiseunfähigkeit
oder weil kein Pass vorliegt, spricht man von einem "inlandsbezogenen"
Abschiebungshindernis. Dies bedeutet oft nur eine Aussetzung der
Abschiebung auf einen späteren Zeitpunkt.
Häufige Fluchtursachen: Gefahr für Leben und Freiheit, (Bürger-)
Krieg, Kriegsdienstverweigerung, materielle Not, Verfolgung von
Frauen, Religiöse Unterdrückung, Homosexualität
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