PULFER





 
Aurora Ausstellung
Foto: Stadtmuseum
 

Foto: Wolfgang Pulver

Inhalt

Wolfgang Till Vorwort


Michael Glasmeier Monoblock, barock

Das überschwengliche Geformt-Sein
- Brief - Bierkasten in Stuhlform - Ersatzstoffe -
- Identität - Vierbeinigkeit - Provisorium & weiße Prähistorie -

Monos hier und überall
- Ein Laden - Hartman ist Genuß -
- Markus Mußinghoff Brief - Der Stapelwirt -

Land der Logistik I
- Spoga-Gafa (Messe) - Zahlen -
- HighTechZirkus I -
- HighTechZirkus II: Einig in der Hoffnung -
- Hannes Böhringer Die Lücke sehen...

Stuhl oder Bierkasten?,... zum dritten
eingeschoben: Der Film - Videos in der Ausstellung
Ausstellung


Land der Logistik II
- Zahlen zur Produktion -
- Otto - Saaltochter - Wirtschaftslexikon -
- Distribution - Produktion - Formbau -
- Bergmannstraße -


Spielfreiheit Gespräch mit Thomas Kern, Kunststoffingenieur
- eingeschoben: Was ist Kunststoff?


Foto: Stadtmuseum

 

 


Demokratie der Dinge

- Zyklen: To get rid of
- Petrowelt - Produktionszahlen
Vom dreidimensionalen Raum in den Raum der Beschreibung


- Nicht die Spülfrauen streiten ums Patent
Gespräch mit Heinz Martin, Max-Planck-Institut, Mülheim/Ruhr


- Alles geliehen -
- Zentnerschwere Worte


- Und diese Stehende Welle bildet etwas, das wir den Atomkern nennen
Gespräch mit Bernd Upnmoor, Physiker und Fimemacher


-Dann flüstern die Bitterfelder und die Norditaliener lauter


Otto Krätz Zur Geschichte des Kunststoffs


Helmut Bauer

Namhaft - Namenlos Zur Design-Geschichte


Umfrage: Weiße Flecken, die die Sicht verstellen

 

Aurora befaßt sich mit den epidemisch verbreiteten, aus einem Stück gepreßten Kunststoffgartenstühlen, den Monoblockstühlen. Die Ent-wicklung von billigem ('preisgünstigem'), extrem bruchfestem Kunststoff hat den Stühlen die Beine genommen; nun ist alles in der Technik des Flaschenkastens in einem Stück spritzgegossen.
Die Ahnung, daß seine Form allein aus der technischen Möglichkeit zur Herstellung entstanden ist, bestätigte sich: Die Montagearbeit ist auf null gesetzt, nur noch Maschine und Verteilungslogistik sind besteiligt. (Das richtige Produkt zum Draufsitzen für die Arbeitslosen, die es produziert).
Beim genaueren Studium eines Originals an der Ostsee entdeckte ich den Modellnamen Aurora, der mir umgehend den Titel spendierte. Monoblocks strahlen auf die Orte, an denen sie stehen aus.
Es ist zwar ein Klischee, daß der Monoblock aus nichts als Oberfläche besteht, aber das Material seiner Oberfläche setzt sich wirklich in seinem Inneren fort.
Wenn man beginnt, Materialien bis in ihre Atom-struktur zu sezieren, begreift man sie schnell als Raum. Material wird zu Raum: Das molekulare Gitterwerk zeigt das Material nicht als festen Körper, sondern als eine transparente Struktur winzigster, durch energetische Bindungen zusammengehaltener Partikel.
Je kleiner die beobachteten Strukturen werden, desto mehr wandelt sich der sichtbare dreidimensionale Raum in den Raum der Beschreibung.


Foto: Wolfgang Pulver








Der Film

Das Aurora-Projekt besteht aus der Stadtmuseumsausstellung und einem Film für das ZDF, Kleines Fernsehspiel, das im Sommer gesendet wird.

 


Foto: Hofter






Vorwort

Wer keinen Stuhl mehr hat zum Draufsetzen, muß ausscheiden. Das ist die einfache aber brutale Regel beim Kinderspiel "Die Reise nach Jerusalem". Aber seit es den Monoblock-Stuhl gibt, ist es vorbei mit dieser Knappheit. Gesäßfutterale für praktisch jedermann, ste-henüberall und jederzeit zur Verfügung. Der Preis für diese sympathische Bereitstellung von Sitzhilfen ist hoch. Das ist das Thema von Sibylle Hofter, die uns allen ihre Phobie mit den Stühlen aufzwingen will, um selbst vielleicht davon loszukommen. Prüfen Sie selbst: Wer einmal mit der Nase auf dieses apokalyptische Phänomen gestoßen ist, wird nicht mehr glücklich. Egal, was er sucht, beim Schlendern durch eine beliebige mitteleuropäi-sche Stadt oder in den Ferien irgendwo zwischen Mallorca und ganz weit weg: der be-sagte Stuhl ist garantiert schon da. Man kann ihm nicht ausweichen, höchstens umgehen. Und noch schlimmer: das einmal geweckte Auge sieht regelrecht zu, wie der bewährte abendländische Sitz von Saison zu Saison in unglaublichem Tempo verschwindet, um durch Plastik ersetzt zu werden. Diese Ausstellung wird das nicht aufhalten. Sibylle Hofter beobachtet ja nur.

Aber wenn auch Sie Schadenfreude erfaßt angesichts der wachsenden Zahl allzu schnell gebrochener und dann neben dem Müllcontainer entsorgter "Monoblöcke", vielleicht ent-steht doch vielleicht der tröstliche Zuspruch auch in uns kritischen, stets leiden wollenden Ästheten, daß alles irgendwann auch wieder einmal vorübergeht. Etwa so: Der Hauptplatz eines kleinen Städtchens auf dem Peloponnes war bis vor einem Jahr reichlich mit Po-lyäthylen-Monoblockstühlen und -tischen bestückt. Dieses Jahr haben die Gastronomen am Platz alle Möbel ersetzt durch altbewährte Garnituren aus Holz und Rohrgeflecht. Eine erste konzertierte Aktion gegen die "weißen Flecken", die die Sicht verstellen! Wir stellen uns vor, mit Sibylle Hofer zusammen dort mit unverstelltem Blick über den Platz, einen Kaffee zu trinken. Sie hat als Gastkuratorin bei der Möbelsammlung des Münchner Stadtmuseums ein Ausstellungsprojekt realisiert, das auf ein zeitgenössisches Phänomen bei der Möblierung von Straßen und Plätzen, Gärten und Landschaften reagiert. Für die-sen Masochismus danken wir ihr.


Helmut Bauer Wolfgang Till

Konzeption / Realisation:
Helmut Bauer
Sibylle Hofter

Ausstellungssekretariat:
Gabriele Meise

Mitarbeit: Markus Mußinghoff

Fotoatelier:
Patricia Fliegauf
Dorothee Jordens-Meintker
Julia Köbel
Kerstin Schuhbaum

Aufbauleitung:
Alfred Haas

Tansport / Versicherung:
Irene Schoeller
Anne-S. Domm

Metallrestaurator:
Andreas Zangenfeind

Bauten / Montage:
Peter Armbrüster
Robert Breen
Emin Hacim
Johann Jobb
Willibald Krobath
Alois Meindl
Ibrahim Özcan
Raimund Schorer
Anton Tausch

Farbe / Anstrich:
Peter Bauer
Bodo Liegmann

Technik:
Emil Baumann

Beleuchtung:
Christian Gelhaar
Marcus Gora
Gerhard Hillenbrand

Praktikantinnen:
Kathrin Kur
Dorothea Lang
Nicole Roth

Ich bedanke mich sehr, sehr bei folgenden Freunden, ohne die ich nicht durchgekommen wäre:

Leo Borchard
Hellmuth Costard
Lutz Garmsen
Ulli Hemberger
Karin und Wolfgang Hofter
Lih Janowitz
Kathrin Kur
Markus Mußinghoff
Christoph Rauch
Beatrix Schuhmacher
Helfried Wieschke
Monika Wucher


Mein Dank gilt:

B.O.A. Videofilmkunst

Fa. Progarden S.P.A.
Hoechst AG
Norbert Homberger, Fa. Peiga

Heinz Hirdina
Michael Klega
Mathias Wollin